„Was hälst du eigentlich von Extinction Rebellion?“, fragte mich ein Bekannter neulich. „Gute Sache, “ sagte ich, “ aber sie müssten öfters mal den Chaos Computer Club fragen, ehe sie was digitales machen.“ Wie kam ich darauf und was hat eigentlich Datenschutz mit Klimaschutz zu tun?
Extinction Rebellion ist eine Gruppe aus England, die in der Zwischenzeit weltweit Mitglieder hat. Sie demonstrieren für mehr Maßnahmen gegen die Klimakrise und machen mit gewaltfreien Aktionen, die auch zivilen Ungehorsam beinhalten, auf die drohende Gefahr aufmerksam. Die Aktivist*innen gehen dabei auch das Risiko ein, verhaftet zu werden. Kritik an der Bewegung gibt es viel: Einigen ist sie zu radikal, anderen zu weiß und wieder anderen nicht radikal genug. Ich halte mich da an Linus Neumann, einem der Sprecher des Chaos Computer Clubs, der im Podcast „Logbuch:Netzpolitik: Rebellionstinder“ vom 7.10.2019 überzeugend darauf hinwies, dass es nicht hilfreich ist, das eigene Lager zu beschimpfen – und ja, ich bin überzeugt, dass die Klimakatastrophe ein ernstes Problem ist. Also halte ich Aktionen, die gewaltfrei bleiben und darauf aufmerksam machen, grundsätzlich für gut. Wie Linus bin ich der Meinung, dass man lieber nette Hinweise formulieren sollte, solidarisch Kritik üben.
Was also hat XR getan, um sich Kritik aus den Reihen des CCC einzuheimsen?
Nun, der Titel der Podcast-Folge legt es schon nahe: Sie haben auf ihrer Homepage ein Formular angeboten, bei dem man sich eintragen konnte, wenn man an der Aktion teilnehmen wollte. Nun spricht ja grundsätzlich nichts dagegen, einen Mailverteiler oder ähnliches einzurichten, um die Interessenten über Aktionen zu informieren. Nach Aussage von Linus fragte das Formular aber weitaus mehr Informationen als nötig ab – so entstand eine Datenbank mit teilweise brisanten Informationen, etwa, wer schon an illegalen Aktionen teilgenommen hat oder grundsätzlich dazu bereit wäre. Diese Informationen mögen in der Hand der Organisation von XR hilfreich für die Bewegung sein – in der Hand der Polizei wären sie es sicher nicht. Aktivistischer Klimaschutz braucht Datenschutz – und zwar nicht nur technischen, sondern eben auch organisatorischen. Man sollte so wenig Daten wie möglich sammeln, denn was nicht da ist, kann nicht wegkommen. Zweckbindung ist ein schönes Instrument – wenn alles nach Plan läuft. Was „harmlose“ Datensätze in der Hand der falschen Mächte auslösen können, wissen wir mindestens seit Ditze, der 2015 ein bekanntes Beispiel dazu verbloggte: Wer nichts zu verbergen hatte, wurde erschossen. Also, Datensparsamkeit schützt Aktivisten, die wiederum Druck erzeugen, damit auch unsere Politik unseren Planeten schützt. Gleichzeitig schützt die Datensparsamkeit auch direkt unseren Planeten. Gehen wir nämlich davon aus, dass nicht alle Server bereits mit Ökostrom betrieben werden, so erzeugt jeder Datenverkehr, jedes kleines Päckchen auf dem Weg durchs Netz, einen winzig kleinen C02-Fußabdruck. Öfters mal verzichten ist also nicht nur die Devise beim Fliegen und Fleischessen, sondern auch beim Datenverkehr!
Ein mündiger Umgang mit dem eigenen digitalen Ich, den eigenen Daten, hilft aber auch denen, die ohne direkten Kontakt mit der Staatsmacht zum Klimaschutz beitragen, denn letztendlich hilft ein guter, gelebter Datenschutz unserer Demokratie. Nur wer sich frei und ohne Überwachung, ohne Angst und Repressalien bewegen kann, wird auch gestalterisch tätig werden. Dann kann das Potential, das in uns schlummert, freigesetzt werden – etwa für eine tolle Drecksammelapp wie Dreckspotz, einen kreativen Weg, Lebensmittelverschwendung anzugehen wie Foodsharing oder ein innovatives StartUp, das Carsharing auf dem Dorf ermöglicht oder oder oder… Digitalisierung kann viel bewegen und es gibt durchaus tolle Utopien dazu, wie Digitalisierung unsere Gesellschaft verbessern kann, etwa von Peter Lau. Auch die Konferenz „Bits und Bäume“ hat deutlich hervorgehoben, wie Klimaschutz und eine nachhaltige Digitalisierung miteinander verwoben sind.
Insgesamt sehen wir also, dass es keinen Widerspruch gibt zwischen dem Einsatz für (digitale) Freiheit und dem für den Klimaschutz – eigentlich sind sie wie zwei sich ergänzende Kämpfe an verschiedenen Fronten für eine gemeinsame Sache: eine gute und lebenswerte Zukunft.