Ich fand gerade auf Twitter einen anregenden Artikel von Andreas Halfmann und die Antwort von Ulrich Hierdeis. Die Frage, was einem zum Engagement im Bereich der (digitalen) Schulentwicklung antreibt, ist interessant und passt zu meinen Bildungsreflexionen, also möchte ich mich ihr auseinander setzen.
Mein Weg
Ich bin mit einer sehr schlauen und bewundernswerten Mutter aufgewachsen – nach einem Studium der Physik arbeitete sie zunächst für AEG, wollte aber aus moralischen Gründen (Waffenforschung) dies nicht lange machen. Um für mich da sein zu können, suchte sie einen Job in unserer Kleinstadt – und wurde Programmiererin in einem mittelständischen Unternehmen. Als wir später für zwei Jahre auswanderten, arbeitete sie in den frühen 90ern via Internet im Homeoffice weiter für diese Firma. Wir hatten also einen Computer mit Internetzugang, ehe er sich flächendeckend durchsetzte… Aber ich wollte selbst einen. Also trat ich dem lokalen Computerclub bei und verbrachte meine Freizeit als Schülerin mit Gamern und Nerds. Witzigerweise hat mich der technische Aspekt dabei selten interessiert – es war ein Kommunikationsmedium, das meine Welt öffnete und mir Zugang zu Wissen gab. Wie es genau funktionierte war mir egal. Es ging um die Menschen am anderen Ende der Leitung.
Diese Haltung habe ich jetzt, 18 Jahre danach, wohl nicht ganz verloren. Immer noch haben die Menschen in meinem Freundeskreis mehr Ahnung von Schaltungen als ich. Immer noch sind die Menschen hinter der Maschine mir wichtiger. Nur sind es jetzt eher die gesamtgesellschaftlichen Prozesse, die mich faszinieren. Mein Sohn wächst in diesen zwei Realitäten auf, die uns jetzt umgeben. Für ihn will ich, dass sie schön bleiben. Deswegen engagiere ich mich im Projekt „Chaos macht Schule“. Im Studium hielt ich losen Kontakt zu Menschen im CCC und im Referandariat nutzte ich die Gelegenheit zu einer Zusatzqualifikation, bei der ein Zufall mich zu dem Projekt brachte. All dies, vermute ich, getrieben von Neugierde und ein wenig Karriereehrgeiz und eben dem Willen, den guten Teil der Welt zu erhalten. Wie Ulrich schrieb: Ich bin eine Lernende. Deswegen lese ich auch Twitter. Lernen in anpassbarer Häppchengröße. 😉
In den letzten Jahren hat sich meine Motivation geändert. Ja, ich will Aufmerksamkeit – eher nicht so für mich, sondern für die Positionen, die ich vertrete. Es ist nicht mehr nur ein bisschen Neugierde und „sich treiben lassen“, sondern ziemlich ernsthaft das Bedürfnis, Schulentwicklung und die gesellschaftlichen Prozesse dahinter positiv gestalten zu können. Positiv bedeutet für mich, dass ich die Selbst-Ermächtigung von Menschen ermöglichen will, den Rahmen setzen will für Freiheit, Teilhabe und Demokratie, für Aushandeln und Abwägen, für Einstehen und Einigen auf Basis von Empathie und wissenschaftlicher Logik. Mir reicht es nicht mehr, dass ich digitale Welten verstehe (ich versteh sie ja auch nur teilweise), ich möchte zudem verhindern, dass wir eine Gesellschaft entwickeln, in der dieses Verständnis kleinen Eliten vorbehalten ist. Und ich nutze die digitale Präsenz ein wenig dafür (also Twitter und meine Webseite) – mehr nutze ich allerdings die „echte“ Welt und die Gespräche, die sich darin ergeben. Denn schließlich will ich vor allem die erreichen, die sich nicht von sich aus aus der der Unmündigkeit und dem Käfig heraustrauen in die Komplexität, das ständige Scheitern an technische Defekten und die unglaublichen Felder an Möglichkeiten, die uns die Digitalisierung und Technisierung eröffnet.